DAS TRAUMAZENTRUM AM BUNDESWEHRKRANKENHAUS ULM

Das Schwerverletztsein Rund 4 Millionen Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr durch Unfälle im Verkehr, bei der Arbeit, im häuslichen Bereich oder in der Freizeit ernste Verletzungen (Trauma). Der Tod durch Trauma stellt die häufigste Todesursache bei Menschen unter 45 Jahren dar. Die durch Trauma entstehenden gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen sind sowohl für den betroffenen Patienten und seine Familie als auch für die Gesellschaft erheblich. Dies trifft ganz besonders für die Schwer- und Schwerstverletzten zu, bei denen es sich überwiegend um Personen im Alter zwischen 20 und 45 Jahren handelt, die am Anfang oder in der Mitte ihres Berufslebens stehen, aber auch in zunehmenden Maße um ältere, sehr aktive Menschen. Einschneidend für die weitere Lebensqualität und Lebensgestaltung der Überlebenden sind die häufig verbleibenden mehr oder weniger stark ausgeprägten dauerhaften Schäden und Beeinträchtigungen. Dazu zählen dauerhafte Schmerzen sowie Bewegungs- und Funktionseinschränkungen. Insbesondere Verletzungen an den Beinen und am Becken stehen hier im Vordergrund. Schwere Beeinträchtigungen können auch durch den sehr hohen Anteil an Schädelhirnverletzungen (im Mittel 60%) entstehen. Ganz erhebliche Bedeutung haben die - häufig vernachlässigten - psychischen Störungen mit Angstzuständen, Depression oder Schuldgefühlen, die unter dem Begriff der posttraumatischen Stressstörungen zusammengefasst werden. Sie können zu einer bedeutsamen Einschränkung der Lebensqualität führen.

Traumanetzwerke in Deutschland

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Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm wird in Kooperation mit dem Klinikum der Universität Ulm im Rahmen des Traumanetzwerkes Ulm als überregionales Traumazentrum geführt. Somit ist das Bundeswehrkrankenhaus Ulm als Klinik der höchsten Versorgungsstufe qualifiziert und zertifiziert. Jede der beiden Kliniken kann für sich agieren, aber nach außen und innerhalb des Traumanetzwerkes Ulm tritt man als “Traumazentrum Ulm” (mit Standort BwKrhs bzw. Universitätsklinikum) auf. Zum Traumanetzwerk Ulm gehören neben den beiden größeren Häusern noch weitere 22 Kliniken aus einem Umkreis von etwa 80-100 km. In diesem Netzwerk fungiert Univ.-Prof. Dr. Florian Gebhard, Chef der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Ulm als „Netzwerksprecher“ und OTA Dr. Matthias Helm als sein „Vertreter“. Mit der Zertifizierung ist das BwKrhs Ulm in der BRD als eine von ca. 110 Kliniken der Maximalversorgung im Traumanetzwerk der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) geführt(Abb.1). In diesem Netzwerk sind weitere 215 Kliniken der Schwerpunktversorgung und 430 Kliniken der Grund und Regelversorgung eingebettet. Ziel des Traumanetzwerkes ist der Erhalt und die Verbesserung der flächendeckenden Versorgungsqualität von Schwerverletzten durch eine verbesserte Kommunikation, abgestimmte Versorgungsstandards und eine qualitätsgestützte Kooperation. Zudem soll die Effizienz durch Nutzung vorhandener Ressourcen gesteigert werden. Hierzu soll z. B. die Beteiligung mehrerer, nah beieinander liegender Einrichtungen infolge einer Nutzung von Möglichkeiten zur interhospitalen Regelung einer aufwandsadäquaten Erlös-Aufteilung im DRG System beitragen. Ebenfalls stellt man sich vor, dass die Nutzung von Möglichkeiten zur Einrichtung eines Verbund-Systems zur Fort- und Weiterbildung Synergieeffekte erzielen kann. Wesentlich ist jedoch auch, dass ein Traumazentrum nicht nur von den Schwerverletzten (Polytrauma-) Patienten „lebt“, sondern im Alltag vor allem bestimmt wird von den meist zunächst nicht akut lebensbedrohlichen Verletzungen, die im Rahmen einer aktiven Lebensführung oder abnehmender altersbedingter mechanischer Belastbarkeit (z. B. Osteoporose) auftreten. Daher wird in aller Regel in einem Traumazentrum die Hauptarbeitslast im Bereich der Sport-, Mono- und Alterstraumatologie zu finden sein. Berücksichtigt werden muss zudem, dass unabhängig von dem Schweregrad der jeweiligen Verletzung in einem Traumazentrum immer zahlreiche Disziplinen kooperieren (siehe unten).

BwKrhs Ulm als Partner im überregionalen Traumazentrum im Traumanetzwerk Ulm

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Das Traumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Ulm erfüllt die geforderten Voraussetzungen zur Schwerverletztenversorgung. Die besondere Leistungsfähigkeit des Traumazentrums entsteht nicht durch die Leistung einer einzelnen Abteilung, sondern durch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in einem hochspezialisierten Team aus Ärzten, Pflegekräften und medizinisch-technischen Assistenten der verschiedenen Fachdisziplinen und Abteilungen, die für die umfassende Behandlung schwerverletzter Patienten notwendig ist. Wesentliche Bestandteile eines Traumazentrums sind gemäß den Vorgaben der „Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU)“:

  • Definierte Kriterien zur Aufnahme eines Patienten vom Unfallort in das Traumazentrum bzw. Einrichtung der chirurgischen Basisversorgung
  • Einführung einheitlicher personeller, struktureller und organisatorischer Voraussetzungen (z.B. Schockraumausstattung)
  • Formulierung von standardisierten Behandlungsabläufen und Verlegungskriterien für die Frühphase der Schwerverletztenversorgung auf Basis der evidenzbasierten Leitlinien der DGU (z.B. S3-Leitlinie der DGU)
  • Ärztliche Qualifizierung durch verpflichtende Teilnahme an speziellen Ausbildungsprogrammen (z.B. ATLS®; www.atls.de)
  • Teilnahme an internen und externen qualitätssichernden Maßnahmen und Erfassung der aktuellen Versorgungszahlen und -abläufe auf Basis des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (www.traumaregister.de) und weiterer Programme (z.B. Evaluierung notärztlicher präklinischer Tätigkeit)
  • Einrichtung von präklinischen und klinischen Telekommunikationssystemen, die es den Rettungsdiensten und den teilnehmenden Kliniken ermöglicht, bereits an der Unfallstelle oder in der Notaufnahme wesentliche Befunde zu übermitteln, um die notwendigen Konsequenzen für die Einleitung lebenserhaltender Maßnahmen ohne Zeitverzögerung ziehen zu können
  • Notwendigkeit der hohen fachlichen Qualifikation der an der Traumaversorgung beteiligten einzelnen Kliniken/Abteilungen. Im Falle des BwKrhs sind folgende Fachabteilungen und Kliniken an der Schwerstverletztenversorgung beteiligt:
  • Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie
  • Klinik für Allgemeine, Viszeral- und Thoraxchirurgie
  • Klinik für Gefäßchirurgie
  • Abteilung Anästhesie, Notfall- und Intensivmedizin
  • Die Abteilungen Neurochirurgie, HNO-Heilkunde, Ophthalmologie und Mundkiefergesichts- und plastische Chirurgie (die zusammen die Kopfklinik bilden) sowie die Abteilung Urologie
  • Abteilung für Neurologie, Abteilung für Psychiatrie
  • Abteilung Radiologie, Abteilung Labormedizin

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Rund um die Uhr stehen ärztliche Mitarbeiter, Pflege- und medizinisch-technisches Personal dieser Fachgebiete bereit, schwerverletzte Patienten zu behandeln. Aus dem Bereich der Chirurgie sind für diese Patienten und hausinterne dringliche Aufgaben nach Dienst ein Facharzt für Chirurgie und zwei Weiterbildungsassistenten im Anwesenheitsdienst, zusätzlich in Rufbereitschaft ein Facharzt für Orthopädie/ Unfallchirurgie und Spezielle Unfallchirurgie, ein Facharzt für Viszeralchirurgie und ein Facharzt für Gefäßchirurgie. Eine optimale Schwerverletztenversorgung beginnt jedoch bereits am Unfallort durch den Notarzt. Der am Bundeswehrkrankenhaus Ulm stationierte ADACRettungshubschrauber (Christoph 22, Abb. 2) wird von Ärztinnen und Ärzten der Abteilung Anästhesie, Notfall- und Intensivmedizin aus dem BwKrhs besetzt, die über die Zusatzqualifikation „Rettungsmedizin“å verfügen. Der Rettungshubschrauber (RTH) führt im Jahr durchschnittlich etwa 1500 Einsätze durch und zählt damit zu den einsatzstärksten RTH-Stationen in Deutschland. Zusätzlich erfolgt die Zuverlegung von schwerverletzten Patienten aus der Umgebung mittels des bodengebundenen Notarztsystems. Nach der Erstversorgung durch die Rettungsdienste gelangen Schwerverletzte über einen der beiden Schockräume der Interdisziplinären Notfallaufnahme des Bundeswehrkrankenhaus (Abb. 3). Hier werden pro Jahr ca. 400 Schockraumpatienten aufgenommen, wovon sich über die Hälfte tatsächlich als schwer- bzw. schwerstverletzt erweisen. Die Schockräume sind mit allen Geräten zur Messung, Überwachung und Sicherung der lebenswichtigen Funktionen sowie den notwendigen Diagnostik- und Behandlungssets für die Akutversorgung ausgestattet. Neben einem dort fest stationierten Sonographiegerät ist der Schockraum mit einer digitalen Röntgenanlage und einem Computertomographen ausgestattet, welche die Röntgendiagnostik aller Körperregionen („Traumaspirale“) in wenigen Minuten ermöglichen. Die Röntgenbilder werden im Schockraum entwickelt und können sofort am Großbildschirm betrachtet oder per Datenleitung im PACS-System in den Operationssaal übertragen werden. Unmittelbar neben dem Schockraum befindet sich ein Operationssaal für die Durchführung sofort notwendiger lebensrettender Notfalleingriffe. Die Möglichkeit der Durchführung kernspintomographischer und angiographischer Untersuchung besteht im dringenden Fall 24 Stunden am Tag.

Traumatologische Schwerpunktversorgung am BwKrhs Ulm

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Selbstverständlich sind an der notfallmäßigen Therapie, auch von leichteren Verletzungen, alle oben genannten Fachgebiete beteiligt. In der Analyse der arbeitstäglichen therapeutischen Maßnahmen an verletzten Patienten zeigt jedoch naturgemäß die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie zahlenmäßig den größten Anteil, dessen Schwerpunkte daher in diesem Rahmen kurz dargestellt werden sollen. Nach der Aufteilung der Abteilung Chirurgie (Abt. II) am 1. Oktober 2007 und Zusammenlegung mit der Abteilung Orthopädie entstand die heutige Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie mit derzeit für den unfallchirurgisch/ orthopädischen erkrankten Patienten 45 Betten (Zielstruktur 2010 60 Betten). Dem Auftrag des Hauses entsprechend, ist der Hauptschwerpunkt der Klinik die Traumatologie mit den fachlichen Bereichen Schwerstverletztenversorgung, Sporttraumatologie und Alterstraumatologie und im weiteren operativen Bereich die Endoprothetik, Operative Wirbelsäulentherapie, Schulterchirurgie, septische und plastische Chirurgie (im Aufbau) und Fußchirurgie. Schwerpunkt soll jedoch auch die konservative Orthopädie und hier vor allem die minimalinvasive Wirbelsäulen- und Schmerztherapie bleiben (Abb. 4). Das Hochhalten des konservativen Schwerpunktes ergibt sich einerseits aus dem Vermögen heraus, orthopädische Expertise innerhalb der Klinik anbieten zu können (vier Mitarbeiter sind Facharzt für Orthopädie, teilweise mit Zusatzbezeichnung Spezieller Orthopädie, Chirotherapie, Physikalische Therapie) andererseits aber auch durch die Notwendigkeit, den verletzten Patienten umfassend zu behandeln. So spielen nämlich neben der operativen Behandlung die unmittelbar beginnende Rehabilitation und Nachsorge sowie die konservative Therapie der Patienten eine wesentliche Rolle. Die konsequente Nachbehandlung im Fachbereich Unfallchirurgie und Orthopädie ist von ausschlaggebender Bedeutung für den Therapieerfolg. Hierbei wird die Klinik durch die angegliederte Physikalische Therapie unterstützt. In einem großzügigen Therapietrakt wird die medizinische Trainingstherapie unter anderem auch an verschiedensten Fitness-Geräten durchgeführt. Ein Bewegungsbad und eine Übungsturnhalle stehen ebenfalls zur Verfügung. Mit diesem Konzept grenzt sich die Klinik von den umliegenden größeren Häusern ab, indem sie die einzige Klinik „in Ulm und um Ulm und um Ulm herum“ ist, die sowohl unfallchirurgische als auch orthopädische Expertise unter einem Dach vereint.
Auf dieser fachlichen Basis kann die Klinik für zivile Patienten und Soldaten das gesamte Leistungsspektrum von Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten auf dem Gebiet der Unfallchirurgie und Orthopädie anbieten. Bei der Behandlung von Arbeitsunfällen ist die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie für die Behandlung von Verletzungen des Verletzungsartenverzeichnisses zugelassen, wie sie durch die Unfallversicherungsträger (z.B. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen) definiert werden. Für Sportunfälle und die Versorgung alterstraumatologischer Fälle werden sämtliche modernen, offene und minimal- invasive, Verfahren eingesetzt (z.B. Marknägel, winkelstabile Platten, transkutane Verschraubungen, ggf. Endoprothesen), für Wirbelsäulenverletzungen: dorsale und ventrale Verfahren mit Computer- Navigation (Brain-Lab) oder intraoperativem IsoC- 3D-Scan. Weiterhin werden minimalinvasive Aufrichtungs- und Stabilisierungsoperationen (Vertebro- und Kyphoplastie, Spinoplastie) im Bereich der Wirbelsäule durchgeführt. Am Becken werden Osteosynthesen zur Stabilisierung von Beckenring- und Acetabulumfrakturen routinemäßig durchgeführt. Traumabedingte Folgezustände erfordern häufig gelenkrekonstruktive Folgeoperationen. Hier werden am Kniegelenk u.a. Kreuzbandoperationen, Knorpeltransplantationen (OCT/ACT), an der Schulter Stabilisierungen nach Luxationen, Rotatorenmanschettenrekonstruktionen, Engpasssyndrome des Schulterdaches und Schulterprothesen, am Sprunggelenk Knorpeltransplantation (ACT/OCT) und Arthrolysen erforderlich. Zudem werden an den Extremitäten Korrekturoperationen wie Umstellungsosteotomien und Extremitätenverlängerungen durchgeführt. Erste positive Entwicklungen können auch anhand der üblichen Leistungsparameter wie Fallzahlen, Verweildauer (VWD) und Case- Mix-Index (CMI) dargestellt werden. Mit einer Fallzahl von 1238 (auf 45 Betten) innerhalb des 1. Halbjahres 2009 wird wie auch bereits 2008 die Sollfallzahl von 1961 Fällen/Jahr um ca. 25% übertroffen, der CMI stieg von 1,012 (2008) auf 1,127 (1. Hj. 2009). Mit einer mittleren Verweildauer von derzeit 6,01 (2008 waren es 5,82) Tagen besteht eine komplett andere Basisaktivität in der alltäglichen Praxis, als es die für das SollModell BwKrHs 2010 (Stand 04/2006) verwandte VWD von 8,2 Tagen erwarten lies.

Qualitäts-Management

Internes Qualitätsmanagement: Seit 1996 ist am Traumazentrum des Bundeswehrkrankenhaus Ulm ein Qualitäts-Management- Projekt, der sogenannte „Traumazirkel“ etabliert. Kernpunkt sind die regelmäßig alle drei Monate stattfindenden Qualitätszirkel, an denen alle an der Schockraumversorgung beteiligten Fachdisziplinen mit leitenden Vertretern ärztlicher und nicht ärztlicher Berufsgruppen teilnehmen. Der allgemeine organisatorische Ablauf sowie die detaillierte Abfolge diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen wurden in regelmäßigen Sitzungen unter Mitarbeit aller beteiligten Disziplinen für alle verbindlich festgelegt und werden kontinuierlich optimiert. Die definierte zeit- und dringlichkeitsabhängige Abfolge klinischer, röntgengestützter und computertomographischer Diagnostik in Verbindung mit den therapeutischen Maßnahmen erlaubt es, unabhängig von den beteiligten Einzelpersonen, einen insgesamt standardisierten, flüssigen und zügigen Behandlungsablauf zu gewährleisten. Dabei werden sämtliche digital erfasste Verletzungs-, Behandlungs- und Ergebnisdaten des vergangenen Zeitintervalls standardisiert ausgewertet, vorgestellt und besprochen. Aufgrund dieser Erkenntnisse werden von den Teilnehmern verbesserte oder neuere Vorgehensweisen beschlossen und in der Folgezeit in Form der “Interdisziplinären Schockraum-Leitlinien des Bundeswehrkrankenhaus Ulm” umgesetzt. Etabliert ist zudem innerhalb des Chirurgischen Zentrums eine wöchentliche Morbiditäts- und Mortalitätskonferenz (angeglichen an das angloamerikanische M&M-meeting), in der fachlich-inhaltliche und organisatorische Problemsituationen der vergangenen Woche im gesamten Mitarbeiterkreis in ruhiger Atmosphäre erörtert werden.

Externes Qualitätsmanagement

Zusätzlich nimmt das Bundeswehrkrankenhaus Ulm seit 1998 am Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) teil. Vor allem durch das Engagement der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin begründet, meldet das Haus mittlerweile jährlich die zweit-größten Traumapatientenkollektive – seit 2006 auch online. Im Traumaregister der DGU erfolgt eine deutschlandweite (freiwillige) Erfassung von schwerverletzten Traumapatienten. Dadurch ist es möglich, den Standard und die Qualität der Traumaversorung zu erfassen. Bisher wurden über 35.000 Patienten aus deutschen Kliniken erfasst. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist der Qualitätsvergleich mit anderen Traumazentren. So können wichtige Erkenntnisse für die Traumaversorgung im eigenen Bereich abgeleitet und diese kontinuierlich verbessert werden(siehe Abb. 5-9).

Beiträge zu Fort- und Weiterbildung, Forschung

Die Erforschung der Mechanismen des Traumageschehens hat aufgezeigt, dass die Prognose der Verletzten durch die Therapiemaßnahmen der ersten Stunden maßgeblich bestimmt wird. Dabei gilt es, nach einer schnellstmöglichen Klinikeinlieferung durch den Notarzt, unmittelbar nach Klinikaufnahme sofort alle lebensbedrohlichen Verletzungen zu erkennen und zu behandeln. Grundlage dieser Analyse ist ein ausgereiftes Schockraum- Management, das die gut abgestimmte Kooperation aller beteiligten Fachgebiete unter Einbeziehung sowohl des ärztlichen, pflegerischen und medizinisch-technischen Personals gewährleistet. Basis der medizinischen Behandlung stellen hierfür die Behandlungsleitlinien nach dem Advanced Trauma Life SupportTM (ATLS) dar. Dabei ist das Bundeswehrkrankenhaus Ulm ein ATLS-Kurszentrum (siehe www.ATLS.de) in Deutschland (Abb.10). Der nächste ATLS-Provider-Kurs findet am 5. und 6. Dezember 2009 statt. Weitere Ausbildungs- bzw. Fortbildungsmaßnahmen basieren auf dem Eigenengagement der Mitarbeiter. So werden organisiert ein operationspraktischer Kurs für Einsatzchirurgen (vom 14. - 17. September 2009) in Ulm in Zusammenarbeit mit dem Institut für Anatomie der Universität Ulm durch die Abteilung HNO, das 22. International Symposium on Trauma Care (2.-4. Oktober 2009) durch die Abteilung Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin (www.traumacare2009.com) und im Frühjahr 2010 der einwöchige Kurs Neurotraumatologie für die einsatzchirurgische Weiterbildung (LgNr. 803809) durch die Abteilung Neurochirurgie. Einzelne Mitarbeiter der chirurgischen Kliniken beteiligen sich zudem auch als Tutoren an dem einwöchigen Einsatzchirurgiekurs (LgNr. 801021), der durch das Bundeswehrkrankenhaus Berlin (Kursleiter: OFA Dr. A. Lieber) in München im Klinikum rechts der Isar durchgeführt wird. Wissenschaftliche Themen werden innerhalb einer unfallchirurgischen Forschungsgruppe bearbeitet. Getragen wird die Forschungsgruppe von Mitarbeitern der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, die als wissenschaftliche Mitarbeiter und Betreuer von Doktoranden tätig sind (www.ufo-bwk.de). Die Forschungsgruppe besteht seit dem Jahre 2007. Seit 16.07.2009 ist sie zudem Mitglied im Zentrum für muskuloskelettale Forschung der Universität Ulm. Hierbei handelt es sich um ein interdisziplinäres Forschungszentrum, in dem international agierende Institute, wie z.B. das Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Universität Ulm, zusammengeschlossen sind. Die wesentlichen Themenbereiche, die in der Forschungsgruppe am Bundeswehrkrankenhaus Ulm bearbeitet werden, sind zum einen die Folgen von Kreuzbandverletzungen vor allen Dingen auf funktionellem, neurologischem Gebiet. Hierfür erfolgen Untersuchungen der Instabilität am Kniegelenk mit Untersuchung ihrer funktionellen, propriozeptiven und posturalen Komponente. Des Weiteren werden wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich des Ultraschalls durchgeführt. Daneben widmet sich die unfallchirurgische Forschungsgruppe der Untersuchung von Wirbelsäulenverletzten, navigierten Knieendoprothesen (Studienthema: Implantationsgenauigkeit der Komponenten, Lebensqualitätsbogen-SF36, elektrophysiologische Untersuchungen, Reflexverhalten) und weiterer klinischen Nachuntersuchungsstudien. Aktuell werden 14 Doktorarbeiten von der Forschungsgruppe betreut. Zurzeit laufen zwei Sonderforschungsprojekte der Bundeswehr, ein weiteres ist beantragt und es läuft zusätzlich ein Kooperationsprojekt mit dem Institut für unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Universität Ulm.

Schlussbemerkung

Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm ist als Klinik der höchsten Versorgungsstufe qualifiziert und wird im Rahmen des Traumanetzwerkes Ulm als überregionales Traumazentrum geführt. Die nicht nur räumliche Nähe aller klinischen Fächer erlaubt eine Alles-unter-einem-Dach- Versorgung, die Interdisziplinarität ermöglicht. Eingebunden in ein der Gesamtperson gerecht werdendes Behandlungskonzept sind auch psychologische und rehabilitative Therapiemaßnahmen erlaubt. Durch diese Möglichkeit kann sich das Haus von seinen Mitbewerbern auf dem Markt abgrenzen. Noch ist es möglich, täglich die Schlüsselqualifikation eines Bundeswehrkrankenhauses, die Versorgung schwerstverletzter Patienten, professionell auszubauen. Für den Bereich der Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Notfall- und Rettungsmedizin gilt jedoch, dass hierfür die Bereitstellung von Ressourcen innerhalb des Sanitätsdienstes erweitert werden müssen. Nur so wird es erreichbar sein, auch auf Dauer polytraumatisierte Patienten in ausreichender Anzahl zu behandeln, und damit die präklinische Versorgung, das Schockraum-Management und die innerklinische Behandlung komplexer Verletzungen durchzuführen. Es muss betont sein, dass mit beinahe keiner anderen klinischen Situation der Ernstfall des Auslandseinsatzes bereits während des Grundbetriebes erlebt, erlernt und Chirurg sowie Anästhesist (neben den anderen beteiligten Disziplinen) für die Beherrschung dieser Situation in Übung gehalten werden können. Vor diesem Hintergrund muss es daher Aufgabe der Krankenhausführung sein, der Ressourcenerweiterung zur Gewährleistung einer optimalen Traumaversorgung absoluten Vorrang einzuräumen (Tracer-Maßnahme: Versorgung Schwerstverletzter). In gleichem Maße gilt dies innerhalb des klinischen Bereiches auch für Eingriffe auf dem Niveau der Colorektalchirurgie (Tracereingriff für die Viszeralchirurgie) und arterielle Rekonstruktionen (Tracereingriff für die Gefäßchirurgie).

Datum: 10.12.2009

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2009/4

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