Schockraummanagement: Ressourcen, Standards und Ausbildung am BwKrhs Ulm

Innerklinische Polytraumaversorgung am BwKrhs Ulm: Der Schockraum als Teil der Notaufnahme stellt das Bindeglied zwischen der präklinischen Versorgung durch den Notarzt und der innerklinischen Versorgung durch ein interdisziplinäres Schockraumteam dar. Dieses besteht aus Anästhesisten, Traumatologen und Radiologen mit ihren jeweiligen nicht-ärztlichen Assistenten. Innerhalb weniger Minuten müssen die Weichen für die weitere Versorgung der Patienten gestellt werden. Diese Entscheidungen sind für den weiteren Behandlungsablauf und das OutcoTabme des Schwerverletzten von entscheidender Bedeutung.

Um regelhaft schwerstverletzte Patienten innerklinisch versorgen zu können sind zunächst materielle und personelle Voraussetzungen zu erfüllen (Abbildung 1 sowie Tabellen 1, 2 und 3). 

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Diese sind u.a. im Weißbuch Schwerverletzten-Versorgung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie [3] festgelegt. Das BwKrhs Ulm fungiert zusammen mit dem Universitätsklinikum Ulm als überregionales Traumazentrum im „Regionalen Traumanetzwerk Ulm“ [9, 11]. Im Folgenden soll gezeigt werden, welche Ressourcen aktuell zur Versorgung Polytraumatisierter im Schockraum zur Verfügung stehen, wie das Personal ausgebildet wird und welche Algorithmen angewendet werden, um für den Patienten ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen. Um die Entwicklung bis zum aktuellen Stand zu verdeutlichen, werden auch die in den letzten zehn Jahren erarbeiteten Änderungen und Verbesserungen beleuchtet.

 Tab. 1: Zusammensetzung des Traumateams (Kernteam) am BwKrhs Ulm
FachrichtungAnzahl des medizinischen
 Personals
Anästhesie (incl. Teamleader)
Chirurgie
Anästhesiepflegepersonal
Notaufnahmepflegepersonal
Röntgen - MTRA
Radiologe
Dokumentationsassistent
 
2
2
1
1
1
1
1
Gesamt:9

 

 Tab. 2: Notwendige Fachdisziplinen zur Polytraumaversorgung im Schockraum (neben dem eigentlichen Kernteam)
Fachrichtung
Neurochirurgie
Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
Gefäßchirurgie
Viszeralchirurgie
Thorax-Chirurgie
Augenheilkunde
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Urologie
Labor und Blutbank
 


 

Tab. 3: Auszug der materiellen Ausstattung des Schockraums am BwKrhs Ulm
(siehe auch Abb. 1)

  
   Primary Survey
  Schockliege höhenverstellbar und mobil
Airway
  Vollständiger Anästhesiearbeitsplatz mit:
  • Narkosewagen (OP-identisch)
  • Draeger Livius als Narkosegerät oder Zweitbeatmungsgerät
  • Absaugung
  • Tuben und Hilfsmittel für den schwierigen Atemweg (Larynxmaske, Airwaywechselkatheter, Fiberoptik) sowie Koniotomieset
Breathing
  • Servo I auf einem Schockwagen montiert. Dieser enthält außerdem O2 und Druckluftflasche, einen Überwachungsmonitor, und als Backup-Beatmungsgerät einen Oxylog 3000. Der Schockwagen ist mit der Schockliege koppelbar und der Transport des beatmeten Patienten somit problemlos möglich
  • Thoraxdrainagesets
  • Pericardpunktionsse
Circulation
  • Sonographiegerät mit Dopplerfunktion
  • Gefäßdoppler
  • Level I (Druckinfusionssystem mit integriertem Infusionswärmer)
  • Wärmeschrank mit Infusionen
  • Blutgasanalysegerät
  • Defibrillator
Disability
  • Pupillenleuchte
Exposure
  • BairHugger® zum Wärmeerhalt
 Secondary
  Survey                      
  • Spiral – CT
  • Digitale Röntgenanlage
  • Verbandmaterialen, Vakuumschienen
  • Alle Arten von Gefäßzugängen, Dauerkatheter, Magensonden usw.
  • Diverse Medikamente (z.B. Antibiose, Vaccination)
  • Thrombelastogramm (Rotem©)

 

Entwicklung durch Qualitätsmanagement

Der Schockraum des BwKrhs Ulm steht als Teil der interdisziplinären Notaufnahme unter Leitung der Abteilung Anästhesie. Seit zehn Jahren wird ein intensives Qualitätsmanagement der Patientenversorgung betrieben. Hierzu wird prospektiv durch Dokumentationsassistenten (zumeist Doktoranden) die Patientenversorgung mittels „TraumaWatch“, einem digitalen Tablet - PC basierendem Dokumentationssystem, erfasst[4, 5, 7]. Neben krankenhausinternen Auswertungen zu speziellen Fragestellungen nimmt das BwKrhs Ulm seit ebenfalls zehn Jahren am Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie teil[1, 8, 10]. Die so aus internem und externem Qualitätsmanagement gewonnenen Ergebnisse werden klinikintern in interdisziplinären Traumazirkeln diskutiert, mit aktueller Literatur und der persönlichen Expertise der Mitglieder verglichen, nötige Änderungen erarbeitet und anschließend in der Praxis erneut reevaluiert. Anhand von „Auditfiltern“ und „Tracern“, von denen in Tabelle 4 einige wenige exemplarisch dargestellt sind, wurden in den genannten Traumazirkeln wesentliche Verbesserungen für den Schockraum erarbeitet. Diese lassen sich zu vier Entwicklungsstufen zusammenfassen:

Entwicklungsstufe I (seit Ende 1997) 

  • Einführung eines mobilen Röntgengerätes im Schockraum

Entwicklungsstufe II (ab 1999) 

  • Installation einer festen Röntgenanlage
  •  Möglichkeit der Point of Care Diagnostik für Blutgase, Hämoglobin, Elektrolyte, Blutglukosegehalt im Behandlungsraum

Entwicklungsstufe III (ab 2001) 

  • Installation eines digitalen Röntgengerätes

Entwicklungsstufe IV (ab März 2006) 

  • Räumliche Erweiterung des Schockraums mit Integration eines Multislice - CT Scanners
  • Anpassung des bisherigen Behandlungsalgorithmus
  •  ATLS Teamtraining
  • Thrombelastographie (Rotem©) als Point of Care Diagnostik der Hämostase im Schockraum


Das Schockraumteam 

Im Durchschnitt werden jährlich etwa 480 Patienten über den Schockraum des BwKrhs Ulm aufgenommen. Hierbei handelt es sich um zumeist akut vital bedrohte Patienten. Zwei Drittel der Patienten haben ein Trauma erlitten, etwa 35% aller Patienten haben ISS 16 Punkte und sind somit per Definition polytraumatisiert. Die restlichen Patienten haben isolierte Schädel-Hirn-Traumata, intracranielle Blutungen, Schlaganfälle oder sind im nachhinein doch leichter verletzt.
Das aus neun Personen bestehende Traumateam (siehe Tabelle 1) wird durch den Oberarzt der Abteilung Anästhesie geführt.
Während dieses Team den Patienten nach einem strengen Algorithmus auf die wesentlichen Verletzungen hin untersucht, behandelt und stabilisiert, besteht die wesentliche Aufgabe des Teamleaders und des Oberarztes Chirurgie in der Koordinierung eines reibungslosen Ablaufs aller für die suffiziente Patientenversorgung notwendigen Maßnahmen. Während sich also die initiale Stabilisierung des Patienten an strengen Algorithmen orientiert, erfordert die Entscheidung über die Weiterversorgung mit der wesentlichen Frage der dringlichen OP-Indikation versus intensivmedizinischer Stabilisierung die langjährige Routine der erfahrensten Oberärzte.
Im Folgenden soll nun der Ablauf der Traumaversorgung mit den Aufgaben der einzelnen Teammitglieder erläutert werden:

                                                                                                                                                                               

 Tab. 4: Exemplarische Entwicklung von Qualitätsfiltern („Auditfiltern) für die Tracerdiagnose „Polytrauma (ISS > 16)“ im Schockraum des BwKrhs Ulm über vier Zeiträume. Die gewählten Intervalle entsprechen den im Text beschriebenen Entwicklungsstufen I – IV des Schockraums. Zum Vergleich Daten des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (aus [2])
 Zeitraum
 1
Zeitraum
 2
Zeitraum    3           Zeitraum 4                   DGU Traumare-gister
 1.1.1998 - 31.12.19981.1.1999 - 31.12.20001.1.2001 - 28.2.20061.3.2006 - 31.3.20072005/2006
Anteil primär versorgter Patienten65,7%69,4%82,8%85,4%83,3%
Alter [Jahre]34,4 ± 17,644,5 ± 22,642,5 ± 20,747,4 ± 23,243,1 ± 21,3
Verletzungsschwere [ISS Punkte]31,6 ± 9,428,4 ± 12,229,9 ± 13,527,2 ± 11,524,5
Zeiten [min]     
bis Sonographie10,1 ± 16,76,2 ± 5,84,6 ± 3,52,3 ± 1,77 ±10
bis Röntgen Thorax60,9 ± 35,128,0 ± 22,711,0 ± 13,0entfällt12
bis Röntgen Becken52,7 ± 30,042,5 ± 32,328,9 ± 27,8entfällt12
Dauer Stabilisierungsphase [Primary Survey]26,5 ± 10,625,0 ± 12,827,8 ± 49,78,1 ± 4,7entfällt
bis CT Schädel57,9 ± 47,943,3 ± 27,837,8 ± 15,313,4 ± 5,928 ± 10
bis Ganzkörper-CTentfälltentfällt33,6 ± 19,118,5 ± 7,427 ± 20
Dauer bis Therapieentscheidung [Ende Secondary Survey]90,9 ± 48,683,2 ± 45,966,4 ± 33,737,4 ± 18,173 ± 41

 

Der Schockraumalgorithmus 

Die Abbildungen 2a und 2b zeigen im Groben den Ablauf der Traumaversorgung. Der hier abgebildete Algorithmus ist die Zusammenfassung einer SOP, welche detaillierte Handlungsempfehlungen für alle Mitglieder des Traumateams gibt. Dieser ist in Form von DinA0 Postern für alle sichtbar im Schockraum angebracht. Abweichungen vom Algorithmus sind möglich, sollten jedoch ausschließlich im Konsens der beiden Erfahrensten (Chirurg / Anästhesist) erfolgen, da ein unbegründetes Verlassen der Handlungsempfehlung mit einem schlechteren Outcome assoziiert ist.

Vorbereitungen und Primary Survey 

Nach Anmeldung des Patienten durch die Rettungsleitstelle in der interdisziplinären Notfallaufnahme wird das Traumateam über eine Funkschleife alarmiert, mit dem Ziel, das gesamte Team vor Ankunft des Patienten im Schockraum zu versammeln um ggf. nötige Vorbereitungen zu treffen. Unter anderem bedingt dies zwingend das Tragen von Schutzkleidung (Kopfhaube, Mund- / Gesichtsschutz, Schutzkittel, Einmalhandschute) und rundum wirksamen Röntgenschürzen für alle Personen im Schockraum.
Nach Ankunft des Patienten mit dem Notarzt übergibt dieser seine Anamnese, Befunde und bisher durchgeführte Therapie an das gesamte Traumateam. Anschließend wird der Patient wie in Abbildung 3a (Legende: A1 / A2: Anästhesist mit Fachpfleger Anästhesie; C1 / C2: Chirurgen; RD: Notarzt und Rettungsassistent; R1 / R2: Radiologe und MTRA; Die Position des Teamleaders ist nicht eingezeichnet.), 3b und 3c dargestellt, auf die vorbereitete Schockraumliege umgelagert.
Im Folgenden werden parallel durch ein Team der Anästhesie, Chirurgie, Radiologie und der Notaufnahme der Schockraumalgorithmus abgearbeitet:

Airway / Atemwege 

Anästhesie 

  • Überprüfung und Sicherung des Atemwegs.
  • Bei nicht intubierten Patienten Sauerstoffgabe via Ohio Maske.
  • Kontinuierliche C-Spine Protection (Anlage einer HWS-Krawatte oder manuelle Inline Stabilisierung).
  • Kurze klinische Untersuchung mit Hautkolorit (zyanotisch, blass, kaltschweißig), Thoraxexkursionen (seitengleich, paradoxe Atmung, Frequenz, Einziehungen), Verletzungen am Kopf (Monokel-/ Brillenhämatom, Liquorrhoe)
  • sowie der Tubuslage beim intubierten Patienten.

Breathing / Atmung: 

Anästhesie

  • Pulmonale Auskultation und Perkussion (Atemgeräusch seitengleich, vermindert, nicht vorhanden, pathologisch).
  • Beatmung des intubierten Patienten mittels mobilem Intensivrespirator und Überwachung des etCO2.
  • Bei klinischen Zeichen eines Spannungspneumothorax sofortige Entlastung mittels Thoraxdrainage in Monaldiposition.

Notaufnahmepersonal

  • Anlage Pulsoxymetrie.

Circulation / Organperfusion: 

Anästhesie

  • Anlage von mindestens zwei großlumigen Zugängen
  • Volumenbolus

Chirurgie 

  • Stoppen von vital bedrohlichen Blutungen
  • Reponieren und Schienen von Frakturen mit offensichtlicher Fehlstellung

Radiologie 

  • FAST (Focused Assesment of Sonography in Trauma) als besondere Form der Ultraschalluntersuchung bei der nach größeren Ansammlungen freier Flüssigkeit intraabdominell (Koller‘s Pouch, Morrison‘s Pouch und Douglas‘ Pouch) sowie nach einem Pericarderguss gesucht wird.

Notaufnahmepersonal

  • Anlage Nichtinvasive Blutdruckmessung. • Austauschen der bestehenden Infusionen gegen vorgewärmte Infusionslösungen.
  • Assistenz beim Legen der Zugänge.
  • Assistenz bei der Abnahme von Blutproben für eine venöse BGA, Traumalabor incl. Schwangerschaftstest, Kreuzblut sowie Material für das Thrombelastogramm.

Disability / Neurologie:

Anästhesie

  • Überprüfen des Pupillenstatus

Chirurgie 

  • Grob orientierende neurologische Untersuchung (GCS, DMS, klinisch V.a Querschnitt).

Exposure / Sonstiges: 

Chirurgie 

  • Grob orientierende körperliche Untersuchung / ggf. „Logroll“ des Patienten (Abb.4).

Notaufnahmepersonal

  • Komplettierung des Monitorings (z.B. 3– Kanal EKG).
  • Der Patient wird vollständig entkleidet.
  • Aktiver Wärmeerhalt mittels Warm Touch® / Bair Hugger®.

Ziel dieser ersten Minuten Stabilisierungsphase („Primary Survey“) ist es, akut vital bedrohliche Verletzungen zu erkennen und zu behandeln. Im Anschluss wird die Entscheidung getroffen, ob die Diagnostik im Schockraum zugunsten einer Notoperation abgebrochen werden muss oder ob, wie meist möglich, die Diagnostik komplettiert werden kann. Ist Letzteres der Fall, wird der Patient mittels Spine-Board auf den Tisch des CT umgelagert. Es folgt die sogenannte Traumaspirale/ MSCT nach einem standardisierten Protokoll (Schnittbilddiagnostik Schädel, HWS, Thorax, Abdomen bis einschließlich Becken/ Oberschenkel, z.T. mit Kontrastmittelunterstützung). Um unnötige Umlagerungen zu vermeiden, wird dieser Traumascan bei offensichtlich komplexen Mittelgesichts- oder Wirbelkörperfrakturen um Spezialaufnahmen ergänzt, um evtl. nötige Spezialrekonstruktionen berechnen zu können oder um Daten zur intraoperativen 3D Navigation zu erhalten. Während der Radiologe die etwa 1200 Schnittbilder befundet, wird der Patient auf die Schockraumliege zurückgelagert und nach kurzer Reevaluation dem Secondary Survey zugeführt. Am Ende des Secondary Survey sollte die Diagnostik vollständig, die Überwachung komplettiert und der Patient cardiopulmonal so stabil wie möglich sein. Dies beinhaltet zumeist eine arterielle Kanülierung mit invasiver Blutdrucküberwachung, Bestimmung arterieller Blutgase, ggf. Anlage eines zentralen Venenkatheters, Einleitung oder Aufrechterhaltung einer Allgemeinanästhesie bei sofortiger OP-Indikation sowie die Interpretation der bisherigen Messwerte des Thrombelastogramms. Hierzu parallel wird der Patient erneut systematisch von Kopf bis Fuß untersucht, Verbände und Schienungen bei Bedarf ergänzt und ggf. indizierte konventionelle Röntgenaufnahmen der Extremitäten angefertigt. Zeitaufwendige und oft wenig aussagefähige konventionelle Röntgenaufnahmen der HWS, des Thorax sowie des Beckens sind seit Intergration des MSCT im Allgemeinen entbehrlich.
Alle durchgeführten Maßnahmen müssen nicht nur aus juristischen Gründen und zur Informationsweitergabe an nachfolgende Kollegen dokumentiert werden (z.B. Befunde, durchgeführte Therapien, Chargendokumentation von Blutprodukten, Erfassung des Patienteneigentums), sondern auch um das bereits erwähnte Qualitätsmanagement durchführen zu können.

Ausbildung und Qualifikation des Schockraumteams 

Wie dargestellt läuft die Polytraumaversorgung im Schockraum parallel, interdisziplinär innerhalb kurzer Zeit ab. Vom Eintreffen des Patienten bis zum Ende der Stabilisierungsphase („Primary Survey“) vergehen im Mittel acht Minuten, bis zur Therapieentscheidung/ Abschluss der Schockraumversorgung („Secondary Survey“) noch einmal 30 Minuten. Diese Anforderungen setzen qualifiziertes und motiviertes Personal voraus. Dabei ist Facharztstandard für alle ärztlichen Positionen (incl. Konsiliare), bzw. Oberarztstandard für den Traumaleader und für einen der beiden Chirurgen zu fordern. Das nicht-ärztliche Personal muss das jeweilige Aufgabenfeld ebenfalls beherrschen. Dies bedeutet, dass ein in Ausbildung oder Einarbeitung befindlicher Mitarbeiter keine Position im Traumateam übernehmen kann, sondern lediglich zusätzlich an der Versorgung, durch einen Erfahrenen unterstützt, teilnimmt. Um diesbezügliche Missverständnisse und überzogene Anforderungen an auszubildendes Personal zu vermeiden, trägt es farblich gekennzeichnete Schutzkleidung.
Neben der fachlichen Qualifikation des Einzelnen ist jedoch das Miteinander als Team von herausragender Bedeutung. Um dies zu gewährleisten, werden am BwKrhs Ulm seit 2006 Advanced Trauma Life Support (ATLS) Kurse der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie regelmäßig veranstaltet. Die verschiedenen nicht ärztlichen Mitarbeiter der beteiligten Abteilungen (z.B. Radiologie, Anästhesie, OP-Pflege, ZNA-Team) werden zusätzlich ermutigt, als „Gäste“ oder Komparsen an den ATLS Kursen teilzunehmen, um die gemeinsame Sprache ebenfalls zu erlernen. Zusätzlich besteht für sie die Möglichkeit PHTLS Kurse zu besuchen[12]. Geplant sind außerdem regelmäßige Schockraumeinweisungen mit praktischen Trainings für alle neuen Mitarbeiter.

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Abb. 4: Am Ende der Stabilisierungsphase („Primary Survey - Exposure“) werden Patienten ohne  offensichtliche Querschnittssymptomatik mit mehrerem Helfern achsenstabil gedreht („Logroll“), um keine wesentlichen Verletzungen am Rücken / Gesäß zu übersehen.

 

Ausblick 

Wie das gesamte BwKrhs Ulm befindet sich auch die zentrale, interdisziplinäre Notaufnahme, und damit der Schockraum, im Umbau. Bis 2009 soll die neue interdisziplinäre Notaufnahme mit einem neuen Schockraum fertig gestellt werden. Die in den letzten zehn Jahren gewonnenen Erfahrungen haben gezeigt, dass auch dieser Umzug eine Anpassung des Behandlungsalgorithmus nach sich ziehen wird. Langfristig wird sich zeigen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind damit die „Entwicklungsstufe 5“ die bisher erarbeitete Qualität erreicht und ggf. überbietet.

Zusammenfassung 

Durch kontinuierliches Qualitätsmanagement der Schockraumversorgung konnte ein national und international anerkannter Standard am BwKrhs Ulm erreicht werden, welcher sich u.a. in der laufenden Zertifizierung zum überregionalen Traumazentrum widerspiegelt. Besonderes Augenmerk wurde bei allen Planungen auf Interdisziplinarität und Einhaltung von nationalen und international anerkannten Standards gelegt. Es ist gelungen modernste Forderungen wie Traumaspirale/ MSCT oder die Thrombelastographie in national und international anerkannte und bewährte Algorithmen des ATLS/PHTLS einzubinden. Am BwKrhs Ulm ausgebildete Sanitätsoffiziere und Unteroffiziere sind somit in der Lage, ihr lokal erworbenes Wissen und Fertigkeiten auch im Auslandseinsatz anzuwenden. Gerade Letzteres setzt ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit voraus[6].

Liste der Quellenangaben beim Verfasser

Datum: 01.10.2008

Quelle:

Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2008/3

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